Jan Mende – Holzbronze-Leuchter der Berliner Fabrik Carl August Mencke / Jan Mende, wooden bronze Chandeliers from the Berlin Factory August Mencke


Die Berliner Holzbronzefabrik von Carl August Mencke ist heute weitgehend in Vergessenheit geraten. Dabei hatte Mencke großen Anteil an den innenarchitektonischen Schöpfungen Karl Friedrich Schinkels; viele Produkte aus Holzmasse, darunter Kron- und Wandleuchter, befinden sich in Privatsammlungen und öffentlichen Museen. Dabei ist Holzbronze, auch Holzmasse genannt, wenn schon nicht ein früher Kunststoff, so doch eines der ersten Ersatzmaterialien der Industrialisierung, ein Surrogat. Dieser Werkstoff war flexibel für die verschiedensten Produktgruppen einsetzbar und auf Grund des geringen Preises für große Kreise der Gesellschaft attraktiv.

 

Holzbronze wurde um 1810 von den vormaligen KPM-Mitarbeitern Mencke und Schwitzky entwickelt und in ihrer neu gegründeten Fabrik produziert. Zwei Jahre später veröffentlichte das renommierte „Journal des Luxus und der Moden“ einen Werbetext auf dessen beigegebener Abbildungstafel auch  zwei figurative Kerzenleuchter zu sehen sind. 1815 erteilte der preußische König Friedrich Wilhelm III. ein Verfahrenspatent, welches der Firma für mehrere Jahre die alleinige Anwendung von Holzbronze erlaubte. Ungefähr um dieselbe Zeit brachte aber auch die konkurrierende Einrichtungsfirma Danhauser in Wien Produkte aus einer ähnlichen Masse auf den Markt. Von der Zusammensetzung der Belegschaft her, kann das Unternehmen Mencke durchaus als Behindertenwerkstatt verstanden werden, denn es beschäftigte insbesondere „verkrüppelte und schwache Personen“: Im Jahr 1819 arbeiteten hier 29 Kriegsinvaliden, die der Fabrikbesitzer Mencke „mühsam eingeübt“ hatte und „die in dieser Thätigkeit Unterstützung, Gewinn und Beschäftigung“ fanden. Das Warensortiment war breit gefächert und enthielt Gebrauchsgegenstände ebenso wie Luxusartikel und Kunstwerke. Das Angebot umfasste neben Spielwaren vor allem innenarchitektonische Zierelemente und Objekte der angewandten Kunst, wie Kronleuchter und Wandleuchter, Kandelaber, Bilder- und Spiegelrahmen, Podeste und Schmuckgefäße sowie Werkstücke für Möbeltischler. Doch zählten auch Reliefgloben, Holzbuchstaben und Tierfigürchen dazu, die für die Volksbildung gedacht waren und insbesondere in Blindenschulen Verwendung fanden. Vor allem aber hat Mencke viele innenarchitektonische Projekte Schinkels mit vorgefertigten Dekorationselementen beliefert, so die Palais‘ der preußischen Prinzen August und Friedrich, aber auch die königlichen Schlösser in Potsdam und Berlin sowie das Berliner Schauspielhaus. Nach 1825 gab Schinkel jedoch anderen Werkstoffen wie dem Zinkguss von Geiß oder der „Steinpappe“ von Gropius den Vorrang.

 

In den verschiedensten Sammlungen sind noch heute vor allem Kron- und Wandleuchter aus Mencke’scher Holzbronze zu finden. Bei den Kronleuchtern handelt es sich oft um gefäßförmige Objekte von antikisierender Schalenform: Das ganz sicher von Schinkel entworfene Grundmodell hat man lediglich durch verschiedenartige Tüllenhalter variiert, so durch Sphinx-Büsten, Schwäne, Elefantenköpfe und selbst Drachen. Diese Leuchter sind meist schwarzgrün gefasst in der Art patinierter Bronze. Im Schloss Tiefurt bei Weimar hat sich eine ganze Anzahl von ihnen aus dem Jahr 1822 erhalten. Eine zweite Grundform setzt sich aus einer gedrechselten Holzschale und daran angesetzter eiserner Leuchterarme zusammen. Schale und Leuchterarme sind gewöhnlich mit aufgeklebten Holzmasseelementen und dekorativen Metallapplikationen verziert. Dieser Leuchtertyp besitzt eine große Variationsbreite, vor allem in den Details. Die konkrete Zuschreibung derartiger Kronleuchter an Mencke, Danhauser oder eine andere Firma ist jedoch ohne archivalische Quellen sehr schwierig. In den 1830er und 1840er Jahren trat Mencke dann mit großen vergoldeten Reifenkronen an die Öffentlichkeit. Diese Kronleuchter mit Glasbehang besitzen mehreckige Reifen aus Metall und Holz, auf denen durchbrochene Ornamente aus Metallguss sitzen. Die Kerzentüllen bestehen wiederum aus Holzbronze. Derartige Kronleuchter ersetzen vielfach die viel teureren Bronzeleuchter, selbst in repräsentativen Räumlichkeiten des höfischen Bereichs.

 

Kronleuchter im Wohnzimmer des Knoblauchhauses in Berlin, Entwurf: K. F. Schinkel (zugeschrieben), Herstellung: Firma Mencke, um 1840, Material: Metall, Holz, Holzbronze und Glas. Foto: Stadtmuseum Berlin/Jan Mende

Kronleuchter im Wohnzimmer des Knoblauchhauses in Berlin, Entwurf: K. F. Schinkel (zugeschrieben), Herstellung: Firma Mencke, um 1840, Material: Metall, Holz, Holzbronze und Glas. Foto: Stadtmuseum Berlin/Jan Mende

Kronleuchter im Entrée des Knoblauchhauses in Berlin, Entwurf: K. F. Schinkel (zugeschrieben), Herstellung: Firma Mencke, um 1840, Material: Metall, Holz, Holzbronze und Glas. Foto: Stadtmuseum Berlin/Jan Mende

Kronleuchter im Entrée des Knoblauchhauses in Berlin, Entwurf: K. F. Schinkel (zugeschrieben), Herstellung: Firma Mencke, um 1840, Material: Metall, Holz, Holzbronze und Glas. Foto: Stadtmuseum Berlin/Jan Mende

 

Was aber ist Holzbronze? Es ist ein stuckartiger und dabei sehr fester und leichter Werkstoff, der bei großer Stabilität recht dünnwandig verarbeitet werden konnte. Aus den schriftlichen Quellen geht deren Zusammensetzung hervor. Die Mischung aus gemahlenen Sägespäne (vor allem Mahagoni) und Töpferton, „flandrischem“ Leim und Harz sowie Wasser wurde in Formen gepresst, an der Luft getrocknet und anschließend auf Drehbänken nachbearbeitet sowie abgeschliffen und poliert. Jüngste Materialanalysen haben aber gezeigt, dass der Holzanteil verschwindend klein gewesen sein muss und es sich eher um eine Stuck-Tonmischung handelt.

 

Dr. Jan Mende   Museologe, Historiker, am Stadtmuseum Berlin tätig, Kurator des Museums Knoblauchhaus.

 

Mende(at)stadtmuseum.de

 

 


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